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Die Spektroelektrochemie ist ein kombiniertes Verfahren, das in einem einzigen Experiment sowohl elektrochemische als auch spektroskopische Informationen zu einem chemischen System liefert, d. h. es bietet Informationen aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Raman-Spektroelektrochemie könnte als eine der besten Messtechniken sowohl für die Charakterisierung als auch für das Verständnis des Verhaltens von Kohlenstoffnanoröhren-Filmen angesehen werden, da sie traditionell dazu verwendet wird, Informationen über deren Oxidations- und Reduktionsprozesse sowie über die Schwingungsstruktur zu erhalten. In dieser Application Note wird beschrieben, wie das SPELECRAMAN-Messgerät zur Charakterisierung einwandiger Kohlenstoffnanoröhren (single-walled carbon nanotubes, SWCNT) durch Untersuchung ihrer elektrochemischen Dotierung in wässriger Lösung sowie zur Bewertung ihrer Defektdichte eingesetzt wird.

 

Die Raman-Spektroelektrochemie ist eine der leistungsfähigsten Techniken zur Charakterisierung von Kohlenstoff-Nanomaterialien. Insbesondere Kohlenstoffnanoröhren (CNT) sind aufgrund ihrer außergewöhnlichen mechanischen, elektronischen und thermischen Eigenschaften eines der interessantesten Materialien für elektrochemische Untersuchungen. Die Raman-Spektroelektrochemie könnte als eine der besten Techniken sowohl für die Charakterisierung als auch für das Verständnis des Verhaltens von CNT-Filmen angesehen werden. Diese Multi-Response-Technik wird traditionell eingesetzt, um Informationen über die Oxidations- und Reduktionsprozesse und die Schwingungsstruktur von CNT-Filmen zu erhalten.

 

Das SPELEC RAMAN-Messgerät, mit einem 785-nm-Laser ausgestattet, wird zur Charakterisierung einwandiger Kohlenstoffnanoröhren (110SWCNT-Elektrode) sowie zur Untersuchung ihrer elektrochemischen Dotierung in wässriger Lösung verwendet. In dieser Application Note wurde die anodische Aufladung durch Scannen des Potentials von 0,0 V zu verschiedenen höheren Potentialen und zurück zu 0,0 V bei einer Scangescwindigkeit von 0,05 V s-1  in wässriger 0,1 M KCl-Lösung untersucht. Die Raman-Spektren wurden mit einer Integrationszeit von 1 s aufgenommen, so dass dynamische Analysen durchgeführt werden konnten.

Die Charakterisierung der 110SWCNT-Elektrode erfolgte mittels Raman-Spektroskopie. Das Raman-Spektrum der SWCNTs (Abbildung 1) weist vier Hauptbänder auf: radiale Atmungsmode (RBM), defektinduzierte D-Mode (D), tangentiale Graphen-Mode (G) und Hochfrequenz-Zwei-Phononen-Mode (G').

Abbildung 1. Charakteristisches Raman-Spektrum von DRP-110SWCNT. Vergrößert: RBM-Banden.

Die RBM wird zwischen 120 und 300 cm-1 nachgewiesen und liefert geeignete Informationen über den Durchmesser der Nanoröhren. Es gibt so viele verschiedene CNT-Durchmesser in der Probe wie differenzierte RBM-Banden im Spektrum auftreten. Die Beziehung zwischen der RBM-Frequenz, ωRBM (cm-1) und dem Durchmesser der CNT, dt (nm) ergibt sich aus der folgenden Gleichung:

Wobei A (nm cm-1) und B (cm-1) semiempirische Parameter sind, mit Werten zwischen 220 und 230 nm cm-1 für A und 10–20 cm-1 für B, abhängig von den Versuchsbedingungen [1]. Wie in der Vergrößerung in Abbildung 1 dargestellt, werden in der 110SWCNT vier RBM-Bänder unterschieden. Entsprechend Gleichung 1 (eq 1) und unter Berücksichtigung der Position der RBM-Bänder (Abbildung 1, Vergrößerung), betragen die berechneten Durchmesser 1,55 nm, 1,19 nm, 1,07 nm und 0,92 nm.

Darüber hinaus wurde die elektrochemische Dotierung der 110SWCNT-Elektrode durch Analyse des spektroelektrochemischen Verhaltens der G-Bande untersucht. Diese Bande ist mit den tangentialen Schwingungsmoden der Nanoröhren verbunden und liefert nicht nur Informationen über den metallischen oder halbmetallischen Charakter der Nanoröhren, sondern auch über den Dotierungsprozess.

Die Abbildungen 2a und 2b zeigen Raman-Spektren, die während des Vorwärts- bzw. Rückwärtsscans von 0,0 V bis +1,00 V aufgezeichnet wurden. Die Entwicklung der Raman-Intensität der G-Bande (bei 1592 cm-1) mit dem Potential ist in Abbildung 2c dargestellt. Wie zu beobachten ist, nimmt die G-Bande von 0,0 V auf +1,00 V ab, wobei eine minimale Intensität bei +1,00 V erreicht wird. Im umgekehrten Scan erreicht die Raman-Intensität am Ende des Experiments eine nahezu ähnliche Intensität wie der Ausgangswert. Die Position der G-Bande wird während der elektrochemischen Dotierung nicht verändert. Änderungen der Raman-Intensität hängen mit der Verarmung/Auffüllung von Van-Hove-Singularitäten in den elektronischen Dichtezuständen der SWCNTs zusammen, und das Ausbleichen der G-Bande ist mit Änderungen der Resonanzbedingungen verbunden [2].

Abbildung 2. Raman-Spektren, aufgenommen während der positiven elektrochemischen Dotierung von 0,0 V bis +1,00 V im Vorwärts- (a) und Rückwärtsscan (b). (c) Entwicklung der G-Bande mit dem Potential während des anodischen Ladeprozesses.

Auch die elektrochemische p-Dotierung wurde von 0,0 V bis hin zu positiveren Potentialen untersucht. Abbildung 3 zeigt die Raman-Spektren, die durch Scannen des Potentials von 0,0 V bis +1,80 V erhalten wurden. Abbildung 3a zeigt, wie die G-Bande beim Vorwärtsscan abnimmt. Beim Rückwärtsscan (Abbildung 3b) nimmt die Raman-Intensität jedoch nur geringfügig zu und erreicht nicht annähernd die Werte der Ausgangsintensität.

Darüber hinaus wird nicht nur das Ausbleichen dieser Bande beobachtet, sondern auch eine Aufwärtsverschiebung während der anodischen Aufladung (Abbildung 3c). Dieser Effekt auf die Position der G-Bande wird durch Änderungen der Federkraftkonstante der CC-Bindungen und auch durch die Renormierung der Phononen erklärt [3].

Abbildung 3 Raman-Spektren, aufgenommen während der positiven elektrochemischen Dotierung von 0,0 V bis +1,80 V im Vorwärts- (a) und Rückwärtsscan (b). (c) Spektroelektrochemisches Verhalten der G-Bande während des anodischen Ladevorgangs.

Die zeitaufgelöste Raman-Spektroelektrochemie liefert auch wertvolle quantitative Informationen. Da die Intensität der G-Bande nicht von Defekten abhängt, wurde traditionell das ID/IG-Intensitätsverhältnis zur Bewertung der Defektdichte verwendet. Tabelle 1 zeigt das ID/IG-Verhältnis bei verschiedenen positiven Potentialen und belegt, dass das Verhältnis mit dem Potential zunimmt. Der Vergleich zwischen ID/IG bei +1,00 V und +1,80 V zeigt, dass das Verhältnis bei +1,80 V mehr als doppelt so hoch ist wie bei +1,00 V, da im SWCNT-Film elektrochemisch mehr Defekte erzeugt werden.

Tabelle 1. ID/IG-Intensitätsverhältnis mit Potential.
Oberes Potential
ID/IG-Intensitätsverhältnis
+ 1,00 V 0,51
+ 1,20 V 0,80
+ 1,40 V 0,91
+ 1,60 V 1,16
+ 1,80 V 1,26

Die Raman-Spektroskopie ist aufgrund der resonanten Verstärkung des Raman-Signals eine der besten Methoden zur Charakterisierung von SWCNTs. Darüber hinaus ist die zeitaufgelöste Raman-Spektroelektrochemie eine leistungsstarke Technik zur Untersuchung dynamischer chemischer Systeme, wie zum Beispiel des Ladevorgangs von Kohlenstoffnanoröhren. Die Entwicklung der Raman-Intensität der G-Bande mit dem Potential erhöht das Verständnis für die Charakterisierung von SWCNTs. Schließlich liefert die Kombination von Raman-Spektroskopie und Elektrochemie geeignete Informationen zur Bewertung der Defektdichte einer SWCNT-Struktur.

  1. M.S. Dresselhaus, G. Dresselhaus, R. Saito, A. Jorio, Raman spectroscopy of carbon nanotubes, Physics Reports. 409 (2005) 47–99.
  2. L. Kavan, L. Dunsch, Spectroelectrochemistry of carbon nanostructures., ChemPhysChem. 8 (2007) 974–998.
  3. M. Kalbac, L. Kavan, L. Dunsch, Effect of Bundling on the Tangential Displacement Mode in the Raman Spectra of Semiconducting Single- Walled Carbon Nanotubes during Electrochemical Charging, J. Phys. Chem. C. 113 (2009) 1340–1345.
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