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Die Kombination aus Raman-Spektroskopie und Elektrochemie (kurz EC-Raman-Kombination), ist ein leistungsfähiges Tool für Wissenschaftler. Aus dieser Kombination lassen sich mehr Informationen gewinnen, als mit jeder der beiden Techniken allein.

4-Nitrothiophenol (4-NTP) ist ein stark Raman-aktives Molekül, das auch elektrochemisch aktiv ist. Bei leicht kathodischen Potentialen wird 4-NTP durch eine Protonen-gekoppelte Sechs-Elektronen-Reduktion zu 4-Aminothiophenol (4-ATP) umgesetzt. Die Reduktion kann somit gut mithilfe herkömmlicher elektrochemischer Techniken (z. B. zyklische Voltammetrie), aber auch durch die Veränderungen des Raman-Spektrums, überwacht werden. 4-NTP diente in der Vergangenheit als Modellsystem zur Untersuchung des SERS-Effekts (surface-enhanced Raman spectroscopy, oberflächenverstärkte Raman-Spektroskopie) und ist bspw. für Anwendungen im Bereich der Korrosion [1] und der Elektrokatalyse [2] von Bedeutung.

In dieser Application Note wird die Durchführung eines kombinierten EC-Raman-Experiments mit 4-NTP beschrieben.

Es wurde eine EC-Raman-Kombination von Metrohm verwendet, bestehend aus einem VIONIC-Potentiostaten und einem i-Raman Plus 532H-System (B&W TEK). Zudem wurde eine spezielle Zelle für den EC-Raman-Versuch eingesetzt (RAMAN ECFC, RedoxMe). Die Zelle enthält drei Elektroden: eine Ag/AgCl-Referenzelektrode, eine Pt-Draht-Gegenelektrode und eine Au-Scheiben-Arbeitselektrode.

Ein SERS-Substrat wurde in-situ durch elektrochemisches Aufrauen der Oberfläche der Au-Scheibenelektrode hergestellt. Das 4-NTP wurde in einer Oberflächenmonoschicht immobilisiert, das durch Drop-Casting auf dieses elektrochemisch aufgeraute Au-SERS-Substrat hergestellt wurde. Die Oberfläche wurde vor der Verwendung gründlich mit Ethanol gespült. Die Zelle wurde mit 0,05 mol/L H2 SO4 gefüllt.

Mit dem Vionic-Messsystem wurde ein Potentialstufenexperiment durchgeführt, bei dem das Potential alle 40 Sekunden in 0,05-V-Schritten von 0,2 V auf -0,55 V verändert wurde. Bei jedem Potentialschritt wurden Raman-Spektren mit einem i-Raman Plus 532H aufgenommen, das von der BWSpec-Software gesteuert wurde. Die Raman-Spektren wurden bei 100 % Laserleistung mit einer Integrationszeit von 10 s aufgenommen und mit dem BWSpec Timeline-Plugin dreimal gemittelt.

Zyklisches Voltammogramm von 4-NTP, adsorbiert auf einer aufgerauten Au-Oberfläche in 0,05 mol/L Schwefelsäure.
Abbildung 1. Zyklisches Voltammogramm von 4-NTP, adsorbiert auf einer aufgerauten Au-Oberfläche in 0,05 mol/L Schwefelsäure.

Das zyklische Voltammogramm (CV) der 4-NTP-Monoschicht ist in Abbildung 1 dargestellt. Dieses gibt Aufschluss darüber, welche Potentiale später im Potentialstufen-Experiment benötigt werden.

Das CV zeigt außerdem einen einzelnen, irreversiblen kathodischen Peak bei ungefähr –0,3 V gegenüber Ag/AgCl. Dieser Peak entspricht der vollständigen Reduktion von 4-NTP zu 4-ATP (Abbildung 1, mit eingefügtem Bild des Reaktionsmechanismus).

Die elektrochemische Reaktion der 4-NTP-Monoschicht, aufgezeichnet während des Potentialstufen-Experiments in 0,05 mol/L Schwefelsäure.
Abbildung 2. Die elektrochemische Reaktion der 4-NTP-Monoschicht, aufgezeichnet während des Potentialstufen-Experiments in 0,05 mol/L Schwefelsäure.

Die während des Potentialschritt-Experiments aufgezeichnete elektrochemische Reaktion ist in Abbildung 2 dargestellt. VIONIC sendet TTL-Impulse an das i-Raman-plus-System, das zu Beginn jedes Spannungsschritts die Messung eines neuen Spektrums auslöst.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind in Abbildung 3 nur das erste und das letzte aufgezeichnete Raman-Spektrum (entspricht 0,2 V bzw. -0,55 V) dargestellt. 

Raman-Spektren, die beim der ersten und letzten Spannungsschritt während des Potentialstufen-Experiments aufgenommen wurden (Abbildung 2).
Abbildung 3. Raman-Spektren, die beim der ersten und letzten Spannungsschritt während des Potentialstufen-Experiments aufgenommen wurden (Abbildung 2).

Die Umwandlung von 4-NTP in 4-ATP ist am einfachsten am Verlust des NO2 -Streckmodus bei 1337 cm-1 zu erkennen. Der C-C-Streckmodus bei 1572 cm-1 in 4-NTP verschiebt sich zudem zu höheren Wellenzahlen in 4-ATP (1578 cm-1). Eine vollständige Zuordnung der beobachteten Banden finden Sie in Tabelle 1.

Tabelle 1. Raman-Verschiebungen und zugehörige Schwingungsmodi [3,4] von 4-NTP und 4-ATP, gemessen während dieses Experiments.
Verbindung Raman-Verschiebung (cm-1) Schwingungsmodus
4-NTP 1078 C-H-Deformation
1105 C-H-Deformation
1337 NO2 Streckung
1572 C-C-Streckung
4-ATP 1078 C-H-Deformation
1578 C-C-Streckung

Es wurde ein Modellexperiments für eine EC-Raman-Kombination am Beispiel von 4-Nitrothiophenol gezeigt. Während das Molekül selbst dazu verwendet werden kann, um neue Materialien auf den SERS-Effekt zu testen, bietet die Kopplung von EC-Raman den Forschern eine bequeme Möglichkeit, die Reduktion des Moleküls zu verfolgen.

Im Allgemeinen bietet die EC-Raman-Kombination ausgezeichnete molekulare Einblicke in Elektronentransferreaktionen in organischen Molekülen.

  1. Morávková, Z.; Dmitrieva, E. Structural Changes in Polyaniline near the Middle Oxidation Peak Studied by in Situ Raman Spectroelectrochemistry. Journal of Raman Spectroscopy 2017, 48 (9), 1229–1234. https://doi.org/10.1002/jrs.5197.
  2. Dong, J.-C.; Zhang, X.-G.; Briega-Martos, V.; et al. In Situ Raman Spectroscopic Evidence for Oxygen Reduction Reaction Intermediates at Platinum Single-Crystal Surfaces. Nat Energy 2019, 4 (1), 60–67. https://doi.org/10.1038/s41560-018-0292-z.
  3. Lopez-Ramirez, M. R.; Aranda Ruiz, D.; Avila Ferrer, F. J.; et al. Analysis of the Potential Dependent Surface-Enhanced Raman Scattering of p-Aminothiophenol on the Basis of MS-CASPT2 Calculations. J. Phys. Chem. C 2016, 120 (34), 19322–19328. https://doi.org/10.1021/acs.jpcc.6b05891.
  4. Tabatabaei, M.; Sangar, A.; Kazemi-Zanjani, N.; et al. Optical Properties of Silver and Gold Tetrahedral Nanopyramid Arrays Prepared by Nanosphere Lithography. J. Phys. Chem. C 2013, 117 (28), 14778–14786. https://doi.org/10.1021/jp405125c.
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