Alamar Blue (Alamar-Blau), auch als Resazurin bekannt, wird aufgrund seiner optischen Eigenschaften häufig als Redoxindikator in Zelllebensfähigkeits- und Zytotoxizitätstests verwendet. Alamar Blue ist ein schwach fluoreszierender blauer Farbstoff. Seine reduzierte Form (Resorufin) ist ein stark fluoreszierender rosa Farbstoff.
Die Fluoreszenz-Spektroelektrochemie bietet Forschern eine leistungsfähige Methode zur Verfolgung und Kontrolle von Redoxreaktionen. Mit dieser Technik können verschiedene Prozesse untersucht werden, bspw. der Elektronentransfer oder das Vorhandensein von Zwischenprodukten, die während einer chemischen Reaktion entstehen.
Diese Application Note beschreibt, wie die charakteristische Fluoreszenz von Alamar Blue während elektrochemischer Prozesse überwacht wird, um umfassende Kenntnisse über dieses System zu erlangen.
Die spektroelektrochemische Überwachung von Resazurin wurde mit dem Messsystem SPELEC durchgeführt, einem vollständig integrierten Instrument für die Spektroelektrochemie, das sowohl die elektrochemischen (Bipotentiometer/Galvanostat) als auch die spektroskopischen Komponenten (UV-Vis-Lichtquelle und Detektor) in einem tragbaren System vereint. Obwohl SPELEC eine Lichtquelle mit einem Wellenlängenbereich von 200 nm bis 900 nm enthält, wurde hier eine externe LED mit 395 nm (LEDVIS395) als Anregungslichtquelle verwendet. Diese LED hat einen genau definierten Bereich der Lichtemission, so dass kein zusätzliches Licht in Wellenlängenbereichen, in denen Alamarblau fluoresziert, eingebracht wird.
Der restliche Aufbau bestand aus einer Reflexionssonde (RPROBE-VIS-UV), einer spektroelektrochemischen Reflexionszelle für Siebdruckelektroden mit Dünnschicht-Durchflusszelle (TLFCL-REFLECELL) und den im Fluoreszenz-Kit enthaltenen Komponenten (FLKIT). Das FLKIT enthält zwei kurze Lichtleiter (600 μm), zwei optische Filter (einer davon filtert Wellenlängen zwischen 230–500 nm, der andere Wellenlängen zwischen 300–750 nm) und zwei Halter für die Filter. Der gesamte Aufbau ist in Abbildung 1 dargestellt.
Die Dünnschicht-Durchflusszelle mit integrierter runder Siebdruckelektrode aus Kohlenstoff (TLFCL110-CIR) besteht aus einem flachen Keramiksubstrat, welches die elektrochemische Zelle mit einem Drei-Elektroden-System enthält (eine runde Kohlenstoff-Arbeitselektrode mit 4 mm Durchmesser, eine Kohlenstoff-Gegenelektrode und eine Silber-Pseudo-Referenzelektrode. Abbildung 2). Auf diese Elektrodenplattform ist eine Abdeckung aufgebracht, die mittig einen Kanal enthält, welcher die Dicke der Lösung auf 400 μm begrenzt.
Das SPELEC-Messsystem wurde mit DropView SPELEC gesteuert, einer speziellen Software, die spektroelektrochemische Informationen liefert und Tools für die entsprechende Verarbeitung und Analyse der erfassten Daten enthält. Die gesamte für diese Studie verwendete Hard- und Software ist in Tabelle 1 zusammengestellt.
Ausrüstung | Artikelnummer |
---|---|
Gerät | SPELEC |
Reflexionssonde | RPROBE-VIS-UV |
Anregungslicht | LEDVIS395 |
Fluoreszenz-Kit | FLKIT |
Spektroelektrochemische Reflexionszelle für Dickfilmelektroden mit Dünnschicht-Durchflusszelle | TLCFL-REFLECELL |
Verbindungskabel für Dickfilmelektroden im Dünnschicht-Durchflusszellen-Format | CAST-TLFCL |
Dünnschicht-Durchflusszelle mit integrierter runder Siebdruckelektrode aus Kohlenstoff | TLFCL110-CIR |
Software | DropView SPELEC |
Alamar Blue ist ein schwach fluoreszierendes Molekül, das irreversibel zu Resorufin, einem stark fluoreszierenden rosa Farbstoff, reduziert werden kann. Wenn Resorufin jedoch stärkeren Reduktionsbedingungen ausgesetzt wird, wird es reversibel in Dihydroresorufin umgewandelt, eine farblose Spezies, die nicht fluoresziert. Die Oxidations-Reduktions-Reaktionen sind in Abbildung 3 dargestellt.
Die elektrochemische Reduktion von 0,001 mol/L Alamar Blue wurde in einer wässrigen 0,1 mol/L KCl-Lösung durchgeführt. Die Fluoreszenzemission wurde gleichzeitig mit dem elektrochemischen Signal aufgezeichnet, um Informationen über die elektrochemischen Prozesse zu sammeln, die während des gesamten Experiments auf der Elektrodenoberfläche stattfanden.
Um möglichst viele Informationen über dieses System zu erhalten, wurde ein Multi-Puls-Chronoamperometrie-Experiment durchgeführt, bei dem drei verschiedene potentiostatische Pulse angelegt wurden. Im ersten Schritt wurde für 300 s ein Potential von -0,45 V angelegt, um Alamar Blue zu Resorufin zu reduzieren. Im zweiten Schritt wurde 300 s lang ein Potential von -1,00 V angelegt, um Resorufin zu Dihydroresorufin zu reduzieren. Abschließend wurde für 300 s ein Potential von -0,10 V angelegt, um das im vorigen Schritt entstandene Dihydroresorufin wieder zu Resorufin zu oxidieren.
Im ersten Schritt des im vorherigen Abschnitt beschriebenen Multi-Puls-Chronoamperometrie-Experiments wurde die irreversible Reduktion von Alamar Blue durchgeführt durch Anlegen eines Potentials von -0,45 V für 300 s. Die Fluoreszenzemission wurde zusammen mit dem elektrochemischen Signal aufgezeichnet, wobei die Spektren alle 0,75 s aufgenommen wurden. Abbildung 4a zeigt das elektrochemische Signal (graue Linie), die während der Messung aufgezeichneten Fluoreszenzspektren sind dagegen in Abbildung 4b dargestellt. Hier ist eine Emissionsbande mit einem Zentrum bei 590 nm deutlich zu erkennen. Aufgrund der spektroskopischen Eigenschaften von Resorufin ist dieses Emissionsbande charakteristisch für dieses Molekül.
Abbildung 4a zeigt die Entwicklung der Fluoreszenzbande bei 590 nm in Abhängigkeit der Zeit (grüne Linie). Operando-Messungen ermöglichen es dem Benutzer, spektroskopische Informationen während der gesamten Messung zu erhalten. Das Fluoreszenzsignal steigt mit Beginn des Experiments an und bleibt dann ab 200 s bis zum Ende des Experiments konstant, aufgrund der vollständigen Reduktion von Alamar Blue zu Resorufin. Das Potential von -0,45 V reicht aus, um Alamar Blue zu Resorufin zu reduzieren, jedoch nicht, um Resorufin zu Dihydroresorufin zu reduzieren.
Um das im vorherigen Schritt erzeugte Resorufin zu Dihydroresorufin zu reduzieren, wurde der nächste Potentialimpuls bei –1,00 V für 300 s angelegt. Abbildung 5a zeigt das elektrochemische Signal (graue Linie) sowie die Entwicklung der Fluoreszenzbande bei 590 nm in abhängigkeit mit der Zeit (grüne Linie). Abbildung 5b zeigt die während dieses zweiten Schritts aufgezeichneten Fluoreszenzspektren.
Obwohl die Intensität der Emissionsbande bei 590 nm am Ende des ersten Schrittes völlig stabil war (Abbildung 4a, grüne Linie), zeigt der zweite Schritt, diese Emissionsbande beim Anlegen eines Potentials von -1,00 V innerhalb 100 s abrupt abnimmt. Während des restlichen Experiments wurde keine Fluoreszenz mehr festgestellt, was die erfolgreiche Reduktion von Resorufin (stark fluoreszierend) zu Dihydroresorufin, einem nicht fluoreszierenden Molekül, belegt (Abbildung 3).
Zuletzt wurde ein dritter Potentialschritt angelegt, mit dem Ziel, das im zweiten Schritt erzeugte Dihydroresorufin wieder zu Resorufin zu oxidieren. Abbildung 6a zeigt das elektrochemische Signal (graue Linie) und die spektrale Entwicklung der Fluoreszenzbande bei 590 nm (grüne Linie), beim Anlegen von -0,10 V für 300 s. Diese Grafik zeigt, dass das optische Signal wieder die Fluoreszenzwerte erreicht, die beim Anlegen des ersten Pulses (Potentialschrittes) des Chronoamperometrie-Experiments erzielt wurden (dargestellt in Abbildung 4a).
Die Entwicklung der Spektren in Abbildung 6b bestätigt den Anstieg der Fluoreszenzbande bei 590 nm. Dihydroresorufin wird vollständig wieder zu Resorufin oxidiert, da das im ersten Schritt des Experiments beobachtete Fluoreszenzmaximum (Abbildung 4b) auch hier im dritten Schritt erreicht wird. Damit ist die Reversibilität des Redoxprozesses zwischen Resorufin und Dihydroresorufin eindeutig nachgewiesen.
Die Spektroelektrochemie ist eine leistungsstarke Messtechnik, die Informationen unterschiedlicher Art durch Kombination der Vorteile der Elektrochemie und Spektroskopie liefert. In dieser Studie wurde das mit Alamar Blue verbundene Fluoreszenzsignal bei unterschiedlichen Potentialen analysiert. Die Reduktion dieses Moleküls bei einem Potential von -0,45 V zur Erzeugung von Resorufin führt zu einem verstärkten Fluoreszenzsignal. Bei –1,00 V findet eine weitere Reduktion von Resorufin zu Dihydroresorufin statt, wodurch das optische Signal aufgrund der Eigenschaften der reduzierten Spezies abnimmt. Schließlich führt die Reoxidation von Dihydroresorufin zurück zu Resorufin zu einem Anstieg des Fluoreszenzsignals und zeigt die sehr gute Reversibilität dieses elektrochemischen Prozesses. Das Verständnis dieses Mechanismus eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Anwendungen für Alamar Blue, bspw. seine Verwendung als Indikator für die Lebensfähigkeit von Zellen.
- Ibáñez, D.; Izquierdo-Bote, D.; Pérez-Junquera, A.; et al. Raman and fluorescence spectroelectrochemical monitoring of resazurin-resorufin fluorogenic system, Dyes and Pigments. 2020, 172, 107848. https://doi.org/10.1016/j.dyepig.2019.107848
- O’Brien, J.; Wilson, I.; Orton, T.; et al. Investigation of the Alamar Blue (resazurin) fluorescent dye for the assessment of mammalian cell cytotoxicity, Eur. J. Biochem. 2000, 267, 5421. https://doi.org/10.1046/j.1432-1327.2000.01606.x
- Twigg, R.S.; Oxidation-Reduction Aspects of Resazurin, Nature. 1945, 155, 401. https://doi.org/10.1038/155401a0
AN-FLU-001 Fluoreszenz-Spektroelektrochemie von [Ru(bpy)3] 2+/3+ im semi-infiniter Diffusion