AOX (adsorbierbare organisch gebundene Halogene) ist ein Summenparamter für die auf Aktivkohle adsorbierbaren halogenorganischen Verbindungen. Viele dieser Organohalogene und ihre Abbauprodukte stellen ernsthafte Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar [1–4]. Um eine angemessene Wasserqualität sicherzustellen, ihren Ursprung herauszufinden oder die Effizienz von AOX-Entfernungsverfahren in Wasseraufbereitungsprozessen zu untersuchen, ist ihre Überwachung daher unerlässlich. Klassisch wurde AOX bestimmt, indem Wasserproben an Aktivkohle adsorbiert, verbrannt und anschließend coulometrisch titriert wurden (DIN EN ISO 9562 bzw. EPA 1650) [1,2]. Auf Grund des technischen Aufbaus gilt AOX nach Definition als Summenparameter für adsorbierbare organisch gebundenes Chlorid (AOCl), Bromid (AOBr), und Iodid (AOI) – aber nicht Fluorid (AOF) – und nicht als Parameter für die einzelne Bestandteile. Die neue DIN 38409-59 beschreibt ein validiertes Adsorptions- und Analyseverfahren mittels Combustion Ionenchromatographie (CIC) zur Bestimmung von AOCl, AOBr, AOI, des Summenparameter CIC-AOX(Cl), sowie von AOF, ein Parameter zur Überwachung von per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFASs), die weltweit Anlass zur Sorge geben. Diese Application Note beschreibt die CIC-Methode zur Analyse von AOX und AOF gemäß der DIN 38409-59.
Diese Applikation zeigt den Versuchsansatz der AOX- und AOF-Analyse. Nähere Informationen finden Sie in weiterführender Metrohm-Literatur (WP-078, WP-081, AN-CIC-033). Der vollständige Validierungsdatensatz der DIN 38409-59 ist auf der Webseite der Gesellschaft für Wasserchemie verfügbar.
Die gesamte Probenvorbereitung, d. h. die Anreicherung und Adsorption organisch gebundener Halogene, ähnelt der DIN EN ISO 9562, da in beiden Methoden die Adsorption an Aktivkohle eine wichtige Rolle spielt (Abbildung 1). Um eine Adsorption von anorganischem Fluor an der Aktivkohle zu vermeiden, müssen die Proben bei der AOF-Bestimmung neutral sein. Für die CIC-AOX(Cl)-Bestimmung (d. h. AOCl, AOBr und AOI) müssen die Proben hingegen angesäuert sein. Dazu werden die Proben vor der Anreicherung mit Salpetersäure auf einen pH-Wert von >2 gebracht (Tabelle 1). Im Rahmen der neuen DIN 38409-59 wird AOF ebenfalls bestimmt, allerdings werden hierfür die Proben mit Natriumnitrat neutralisiert (Tabelle 1).
Die Adsorption der organisch gebundenen Halogene erfolgt teilautomatisiert mit dem APU-sim-System von Analytik Jena (Abbildung 1). Zwei mit Aktivkohle gefüllte Säulen (mindestens 50 mg in jeder Säule) werden in Reihe geschaltet und 100 ml Probe werden durchgeleitet. Die organisch gebundenen Halogene werden an der Aktivkohle adsorbiert (mit speziellen Einwegsäulen für die AOF- und AOX-Bestimmung, Tabelle 1), während anorganische Halogene heruntergespült werden (Abbildung 1).
AOF | AOCl, AOBr, AOI | |
---|---|---|
pH | Neutralisiert | Mit Salpetersäure auf pH < 2 angesäuert |
Puffer | 0,5 ml 2 mol/l Natriumnitrat | 0,5 mL 2 mol/L Natriumnitrat, angesäuert mit Salpetersäure |
Probenvolumen | 100 mL | |
Spüllösung |
25 mL | |
0,01 mol/L Natriumnitrat | 0,01 mol/L Natriumnitrat, angesäuert mit Salpetersäure | |
Absorptionssäulen |
Zwei Aktivkohleröhrchen (Einweg, Fa. Analytik Jena) | |
402-880.616 | 402-880.610 | |
Durchfluss APU sim | 3 mL/min |
Nach der Probenvorbereitung wird der komplette Inhalt der beiden Adsorptionssäulen zur CIC-Analyse in ein oder zwei separate Keramikschiffchen überführt. Die Verbrennung erfolgt bei über 950 °C in Gegenwart von Argon und Sauerstoff (Abbildung 1). Um die Halogene in ihre wasserstoffhaltige Form umzusetzen, wird bei der pyrohydrolytischen Verbrennung ein Wasserstrom benötigt. Durch die Verbrennung werden Chlor, Brom, Jod und Fluor verflüchtigt, mit einem Argon/Sauerstoff-Gasstrom in die Absorberlösung (Reinstwasser) transportiert und in die flüssige Phase überführt (Abbildung 1). Dosinos gewährleisten ein präzises automatisiertes Liquid Handling, z.B. den Transfer der wässrigen Probe in den IC zur Analyse oder den für die pyrohydrolytische Verbrennung notwendigen Wasserstrom.
Die ionenchromatographische Trennung erfolgt auf einer Metrosep A Supp 5 - 250/4.0 Säule in Kombination mit einer A Supp 5 Guard/4.0. AOF (als F) eluiert in weniger als 7 Minuten, während AOX (d. h. Br, Cl und I) in weniger als 25 Minuten eluiert (Abbildung 2). Mittels MiPT (Metrohm Intelligent Partial-Loop Injection Technique) wird das System mit anorganischen Anionenstandards für Fluorid, Chlorid, Bromid und Jodid (1 g/L Standardlösungen, TraceCert® von Sigma-Aldrich) automatisch kalibriert.
Die Leistungsprüfungen der AOF- und AOX-Bestimmungen und der Standardserien zur LOD-Bestimmung (Tabelle 2) werden mit organischen Referenzstandards unterschiedlicher Konzentration (4-Fluorbenzoesäure, 4-Chlorbenzoesäure, 4-Brombenzoesäure und 4-Iodbenzoesäure) durchgeführt. Diese werden auf die gleiche Weise wie die Proben behandelt.
Da das Verfahren zur Bestimmung von AOX und AOF ziemlich komplex ist, sind spezielle Probenschiffchen und Aktivkohle (d. h. fluoridfreie Materialien für AOF, Tabelle 1) und Blindwertmessungen unerlässlich für einen niedrigen Hintergrund und eine angemessene Blindwertkorrektur (Gleichung 1).
c(XAnzeigen) | Massenkonzentration einzelner adsorbierbarer organisch gebundener Halogene (mit X = Cl, Br, I und F) in μg/L |
c(X-) | Halogenkonzentration in der Absorptionslösung der Probe in μg/L (mit X = Cl, Br, I und F) in μg/L |
vAbs | Endvolumen der Absorptionslösung in L |
vEinfach | Volumen der zur Adsorption verwendeten Probe; immer 0,1 L |
c(X-)SW | Halogenkonzentration in der Absorptionslösung der Blindprobe in μg/L |
vAbsBW | Endvolumen der Absorptionslösung der Blindprobe in L |
vSmplBW | Volumen der Blindlösung, die zur Adsorption verwendet wurde; immer 0,1 L |
Die einzelnen Konzentrationen für AOCl, AOBr und AOI sowie für AOF aus den neutralisierten Proben werden gemäß Gleichung 1 berechnet. Der Summenparameter für AOX (CIC-AOX(Cl)) wird mit Hilfe der Gleichung 2 ermittelt. Da diese Methode neu ist, wurde AOX in den Wasser- oder Abwasservorschriften noch nicht durch CIC-AOX(Cl) ersetzt.
c(CIC-AOX(Cl)) | Summenkonzentration adsorbierbarer organisch gebundener Halogene in μg/L als Massenkonzentration bezogen auf Chlorid |
Spezielle Materialien und die empfindliche Analyse der Halogene mit suppressierter Leitfähigkeitsdetektion führen zu niedrigen Blindwerten. Nur für Fluorid und Chlorid waren Blindwerte messbar (Tabelle 2). Die Anforderungen der DIN 38409-59 werden erfüllt – hier ist das Gesamtverfahren sogar noch empfindlicher.
Während des DIN-Validierungsprozesses wurden mehrere Wasserproben aus verschiedenen Labors mit ähnlichem Geräte-Setup analysiert (Validierungsbericht: wasserchemische-gesellschaft.de).
Blindwert(μg/L) | LOD (DIN 32645) (μg/L) | Geltungsbereich der DIN (μg/L) | |
---|---|---|---|
AOF | 1.1 | 0.38 | ≥2 |
AOCl | 2.6 | 1.36 | ≥10 |
AOBr | 0 | 0.24 | ≥1 |
AOI | 0 | 0.47 | ≥1 |
Mit IC ist es nun möglich, nicht nur den AOF (AN-CIC-033, WP-078) und den Summenparameter CIC-AOX(Cl) zu bestimmen, sondern auch die Komponenten zu messen, die zum AOX-Gehalt beitragen (Abbildung 2, WP-081).
Insgesamt profitiert das gesamte validierte Verfahren von seiner einfachen, unkomplizierten und standardisierten Handhabung, der präzisen Bestimmung der Analyten, der automatischen Ergebnisberechnung und einem wartungsarmen System von einem Hersteller.
Ein wesentlicher Vorteil der DIN 38409-59 ist, dass die adsorbierbaren organisch gebundenen Halogene als einzelne Summenparameter (dh AOCl, AOBr und AOI) bestimmt werden können. Außerdem bietet die Norm ein schnelles Verfahren zur Bestimmung des Gesamt-PFAS-Gehalt unter Verwendung der validierten AOF-Methode. Die Automatisierung (z. B. automatisierte Eluentenproduktion, MiPT, intelligente und logische MagIC Net-Funktionen) verbessert die Reproduzierbarkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse, spart wertvolle Laborzeit für das Liquid Handling, die Standard- und Eluentenvorbereitung und ermöglicht Analysen rund um die Uhr, wovon jedes Labor, ob Forschungs-, Routine- oder Behördenlabor, profitieren kann.
Trotz der großen Vielfalt an organisch gebundenen Halogenen, ermöglicht dieser Summenparameter auf sehr einfache Weise einen Einblick in Hotspots, Transportwege aber auch in besonders gefährdete Regionen. Gegebenenfalls können für weitere Untersuchungen die einzelnen organisch gebundenen Halogene mit komplexen und gezielten Analysemethoden aufgeklärt werden.
- Xu, R.; Xie, Y.; Tian, J.; et al. Adsorbierbare organische Halogene in kontaminierter Wasserumgebung: Ein Überblick über Quellen und Entfernungstechnologien. J Clean Prod.-Nr 2021, 283.
- Müller, g. Sinn oder Unsinn des Summenparameters für wasserlösliche „Adsorbierbare Organische Halogene“ (AOX) und „Absorbierte Organische Halogene“ (AOX-S18) zur Bewertung von Organohalogenen in Schlämmen und Sedimenten. Chemosphäre 2003, 52 (2), 371–379.
- Dan, A. B.; Hontela, A. Triclosan: Umweltbelastung, Toxizität und Wirkungsmechanismen. J Appl Toxicol 2011, 31 (4), 285–311.
- Xie, Y.; Chen, L.; Liu, R. AOX-Kontaminationsstatus und Genotoxizität von AOX-haltigem pharmazeutischem Abwasser. J Environ Sci 2017, 52, 170–177.
Internal reference: AW IC CH6-1438-042021