Neben der Analyse des pH-Wertes, dem Wiegen und der Säure-Base-Titration gehört die Messung des Wassergehalts zu den häufigsten Bestimmungen in Laboren weltweit. Die Bestimmung des Wassergehalts ist für fast alle Industriezweige von Bedeutung, z. B. für Schmierstoffe, Lebens- und Futtermittel und Arzneimittel.
Bei Schmierstoffen ist die Kenntnis des Wassergehalts sehr wichtig, da zu viel Feuchtigkeit den Verschleiß der Maschinen beschleunigt. Bei Lebens- und Futtermitteln muss der Feuchtigkeitsgehalt innerhalb eines engen Bereichs liegen, damit die Lebensmittel nicht trocken oder schal schmecken und keinen Nährboden für Bakterien und Pilze bieten, was zu Verderb führen kann. Bei Arzneimitteln wird der Wassergehalt in festen Darreichungsformen (Tabletten) und gefriergetrockneten Produkten genau überwacht. Für letztere schreiben die Vorschriften vor, dass der Feuchtigkeitsgehalt unter 2 % liegen muss.
Karl-Fischer-Titration
Die Karl-Fischer-Titration (KF) zur Wasserbestimmung wurde bereits in den 1930er Jahren eingeführt und ist bis heute eine der bewährtesten Methoden hierfür. Es handelt sich um eine schnelle und hochselektive Methode, d. h. es wird selektiv Wasser bestimmt. Die KF-Titration basiert auf den folgenden zwei Redoxreaktionen.
In der ersten Reaktion reagieren Methanol und Schwefeldioxid unter Bildung eines Sulfit- Esters. Nach Zugabe von Iod wird der Ester in einer wasserverbrauchenden Reaktion zur Sulfat-Spezies oxidiert. Die Reaktion ist beendet, wenn kein Wasser mehr vorhanden ist.
Die KF-Titration kann für die Bestimmung des Wassergehalts in allen Probentypen verwendet werden: Flüssigkeiten, Feststoffe, Schlämme und sogar Gase. Für Konzentrationen zwischen 0,1 % und 100 % ist die volumetrische KF-Titration die Methode der Wahl, während für niedrigere Wassergehalte zwischen 0,001 % und 1 % die coulometrische KF-Titration empfohlen wird.
Je nach Art der Probe, ihrem Wassergehalt und ihrer Löslichkeit in den KF-Reagenzien kann die Probe entweder direkt in das Titrationsgefäß gegeben werden oder sie muss zunächst in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst werden. Geeignete Lösungsmittel sind solche, die nicht mit den KF-Reagenzien reagieren - Aldehyde und Ketone sind also ausgeschlossen. Falls die Probe in einem Lösungsmittel gelöst ist, muss auch eine Blindwertkorrektur mit dem reinen Lösungsmittel durchgeführt werden. Für die Messung wird die Probe mit einer Spritze und einer Nadel direkt in das Titrationsgefäß injiziert (Abbildung 2). Der Endpunkt wird mit einer polarisierten Doppel-Pt-Stiftelektrode detektiert und daraus direkt die Wasserkonzentration berechnet.
Unlösliche oder hygroskopische Proben können mit der Gasextraktionstechnik mit einem KF-Ofen analysiert werden. Dabei wird die Probe in einem kleinen Fläschchen mit Septumdeckel verschlossen, das Wasser wird durch Hitze verdampft und anschließend in die Titrierzelle geleitet (Abbildung 3).
Erfahren Sie mehr über die KF-Ofen-Technik in unserem entsprechenden Blog-Artikel:
Ofenmethode zur Probenvorbereitung bei der Karl-Fischer-Titration
Weitere Informationen über diese Art der Analyse finden Sie in unseren kostenlosen Application Bulletins, die Sie unten herunterladen können:
Coulometrische Wassergehaltsbestimmung nach Karl Fischer
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Nahinfrarotspektroskopie
Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) ist eine Technik, die seit den 1980er Jahren für unzählige Anwendungen in den Bereichen Lebens- und Futtermittel, Polymere und Textilien eingesetzt wird. Ein Jahrzehnt später begannen auch andere Industriezweige, diese Technik zu nutzen, z. B. für pharmazeutische, Körperpflege- und Erdölprodukte.
Mit NIRS werden Obertöne und Kombinationsbanden von Molekülschwingungen nachgewiesen. Unter den typischen Schwingungen in organischen Molekülen für funktionelle Gruppen wie -CH, -NH, -SH und -OH ist der -OH-Anteil ein besonders starker Nahinfrarot-Absorber. Das ist auch der Grund, warum die Quantifizierung von Feuchtigkeit eine der wichtigsten Anwendungen der NIR-Spektroskopie ist.
Für eine weitere Erklärung lesen Sie unseren früheren Blogeintrag zu diesem Thema:
Vorteile der NIR-Spektroskopie: Teil 2
Die NIR-Spektroskopie wird zur Quantifizierung von Wasser in Feststoffen, Flüssigkeiten und Aufschlämmungen eingesetzt. Die Nachweisgrenze für Feuchtigkeit in Feststoffen liegt bei etwa 0,1 %, während sie bei Flüssigkeiten im Bereich von 0,02 % (200 mg/L) liegt. In besonderen Fällen (z. B. Wasser in THF) wurden jedoch Feuchtigkeitsnachweisgrenzen von 40–50 mg/L erreicht.
Diese Technik erfordert keine Probenvorbereitung, d. h. die Proben können so verwendet werden, wie sie sind. Feste Proben werden in hochwertigen Einweg-Probengefäßen gemessen, während Flüssigkeiten in Küvetten, Durchflusszellen, Fläschchen oder in einem Slurry Cup gemessen werden. Abbildung 4 zeigt, wie die verschiedenen Proben für eine Messung auf dem Analysegerät positioniert werden.
Ausführliche Informationen über die NIRS-Technik haben wir in einem früheren Blog-Artikel beschrieben:
NIRS ist eine sekundäre Technik, d. h. sie kann erst dann für Routineanalysen zur Feuchtigkeitsquantifizierung eingesetzt werden, wenn ein Vorhersagemodell entwickelt wurde. Dies lässt sich in Analogie zur HPLC verstehen, bei der die Messung von Standards zur Erstellung einer Kalibrierkurve zu den ersten Schritten gehört. Das Gleiche gilt für NIRS: Zunächst müssen Spektren mit bekanntem Feuchtigkeitsgehalt gemessen werden, und dann wird ein Vorhersagemodell erstellt.
Die Entwicklung von Vorhersagemodellen haben wir in unserem vorherigen Blogartikel ausführlich beschrieben:
Vorteile der NIR-Spektroskopie: Teil 3
Der schematische Umriss ist in Abbildung 5 dargestellt.
Für die Erstellung des Kalibrierungssatzes müssen etwa 30-50 Proben sowohl mit NIRS als auch mit KF-Titration gemessen werden, und die aus der KF-Titration erhaltenen Werte müssen mit den NIR-Spektren verknüpft werden. Die nächsten Schritte sind die Modellentwicklung und -validierung (Schritte 2 und 3 in Abbildung 5), die für die Feuchtigkeitsanalyse recht einfach sind. Wasser ist ein starker NIR-Absorber, und seine Peaks liegen immer um 1900-2000 nm (Kombinationsbande) und 1400-1550 nm (erster Oberton). Dies ist in Abbildung 6 unten dargestellt.
Nach der Erstellung und Validierung des Vorhersagemodells kann die Nahinfrarotspektroskopie zur routinemäßigen Bestimmung des Feuchtigkeitsgehalts der betreffenden Substanz verwendet werden. Die Ergebnisse für den Feuchtigkeitsgehalt werden innerhalb von einer Minute ermittelt, ohne dass eine Probenvorbereitung oder der Einsatz von Chemikalien erforderlich ist. Außerdem muss der Analytiker kein Chemiker sein, denn er muss lediglich eine Probe auf das Gerät legen und auf Start drücken.
Weitere Informationen über die Bestimmung des Feuchtigkeitsgehalts von Polyamide, Caprolactam, lyophilisierte Produkte, Düngemittel, Schmierstoffe, und Ethanol/Kohlenwasserstoff-Gemische mittels Nahinfrarotspektroskopie finden Sie in unserer kostenlosen Application Notes, die Sie hier herunterladen können.
Ihre Wahl für Feuchtemessungen: KF-Titration, NIRS oder beides!
Wie in Tabelle 1 zusammengefasst, haben die KF-Titration und die NIR-Spektroskopie jeweils ihre Vorteile. Die KF-Titration ist eine vielseitige Methode mit einer niedrigen Nachweisgrenze. Ihr Hauptvorteil besteht darin, dass sie immer funktioniert, unabhängig davon, ob es sich um einen Probentyp handelt, den Sie regelmäßig messen, oder um einen Probentyp, dem Sie zum ersten Mal begegnen.
Tabelle 1. Übersicht über die Merkmale der Feuchtebestimmung mittels Titration und NIR-Spektroskopie
Titration | Nahinfrarotspektroskopie |
---|---|
Vielseitig – geeignet bei wechselnden Proben | Geeignet für die Messung immer derselben Substanz |
Die direkte / primäre Methode kann direkt verwendet werden | Die indirekte/sekundäre Methode erfordert die Entwicklung einer Vorhersagemethode |
Nachweisgrenze ~10 mg/L | Nachweisgrenze 100 mg/L |
Ergebnisse innerhalb von 10 Minuten | Ergebnisse innerhalb von 1 Minute |
Während der Messung wird Probe verbraucht | Probe kann wiederverwendet werden |
Erfordert Lösungsmittel | Keine Lösungsmittel erforderlich, reine Proben werden verwendet |
Die NIR-Spektroskopie erfordert einen Prozess der Methodenentwicklung, d. h. sie eignet sich nicht für Probenarten, die immer unterschiedlich sind (z. B. verschiedene Arten von Tabletten, verschiedene Ölsorten). NIRS ist jedoch eine sehr gute Methode für Probentypen, die immer identisch sind, z. B. für den Feuchtigkeitsgehalt in gefriergetrockneten Produkten oder für den Feuchtigkeitsgehalt in Chemikalien, wie z. B. Düngemitteln.
Für die Implementierung einer NIR-Feuchtemethode ist es erforderlich, dass Proben mit der KF-Titration als Hauptmethode für die Modellentwicklung gemessen werden. Darüber hinaus ist es bei der routinemäßigen Anwendung einer NIR-Methode wichtig, von Zeit zu Zeit (z. B. bei jeder 50. oder 100. Probe) mit KF-Titration zu bestätigen, dass das NIR-Modell immer noch robust ist, und sicherzustellen, dass sich der Fehler nicht vergrößert hat. Wird eine Änderung festgestellt, müssen dem Vorhersagemodell zusätzliche Proben hinzugefügt werden, um die beobachteten Probenschwankungen abzudecken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die KF-Titration als auch die NIR-Spektroskopie leistungsstarke Techniken zur Messung der Feuchtigkeit in einer Reihe von Proben sind. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, hängt von der Anwendung und den individuellen Vorlieben des Anwenders ab.
Ihr Wissen zum Download
Monographie: Wasserbestimmung durch Karl-Fischer-Titration
White Paper: Karl-Fischer-Titration und Nahinfrarotspektroskopie in perfekter Synergie